Der Projektbegriff erfreut sich in der Schule zunehmender Beliebtheit. „Projekt, Projektunterricht, Projektorientierung, Projektmethode, Projektarbeit, Projektprüfung, Projektstudium, Projektplanung – keine andere Bezeichnung hat in der pädagogischen Diskussion der letzten drei Jahrzehnte ein größeres Aufsehen erregt.“
Unterrichtsprojekte sind inzwischen vom Lückenfüller in Form einer „Projektwoche“ in der letzten Schulwoche vor den großen Ferien zu einem ernst zu nehmenden Lernformat im Regelunterricht avanciert. An den Hauptschulen des Bundeslandes Baden-Württemberg (Ministerium Kultus, Jugend und Sport 2000) wird neben den Prüfungen in Deutsch, Mathematik und Englisch eine Projektprüfung abgenommen und wird wegen des fächerübergreifenden Charakters als „Projektleistungsnote“ im Abschlusszeugnis ausgewiesen.
Ist das endlich die Realisierung der in den Präambeln der Schulcurricula beschriebenen Kompetenzorientierung im Unterricht? Weg von der „Stoffvermittlung“ zum handlungsorientierten Lernen? Die Antwort lautet: Nicht wirklich!
Im Projektunterricht geht es – im Unterschied zum Projektbasierten Lernen – nicht um die Lösung von Problemen, sondern um die Bearbeitung von Themen, die der Lehrplan vorgibt. Dass die SuS die Inhalte und Themen häufiger selbst bearbeiten und oft auch eigene Fragen einbringen können, macht daraus noch kein Projekt. Als Ergebnis wird i. d. R. eine Ausarbeitung in Form eines Referats oder einer Präsentation erwartet. Und dieser Prozess ist meistens auch nur auf ein Fach bezogen. Es geht ausschließlich um Wissensaneignung und -weitergabe. Wissen wird mit Kompetenz gleichgesetzt und Handlungskompetenz auf Präsentationskompetenz reduziert.
Das Projektbasierte Lernen schlägt jedoch eine Brücke zur Lebenswirklichkeit außerhalb der Schule, indem die Schüler*innen an Herausforderungen arbeiten, die aufgrund ihrer Komplexität nur im Team bewältigt werden können. Indem sie Lösungen für reale Probleme finden, stiften sie nicht nur einen konkreten Nutzen, sondern können sich das für die Projektarbeit benötigte Fachwissen handlungsorientiert aneignen. Das ermöglicht die Erfahrung der Selbstwirksamkeit und erhöht die Lernmotivation.
Themen sind keine Projekte! Die nachfolgende Visualisierung soll den Unterschied verdeutlichen. Ausgangspunkt für das Projektbasierte Lernen ist immer eine reale Situation. Das zu lösende Problem ist Teil dieser Situation, also in einen spezifischen Kontext eingebunden.
Dieses Bild ist vergleichbar mit der Ausgangssituation im Projektbasierten Lernen. Es gibt eine Vielzahl von Informationen (Kontext), aus der die für die Problemlösung relevanten Informationen herausgefiltert werden müssen.

Themen als Ausgangspunkt des Lernprozesses bedeuten, dass der Lerngegenstand (hier: Gemüsesorten) von seinem Kontext getrennt wird. Diese didaktische Reduktion ist vielleicht sinnvoll, wenn es z. B. darum geht, unterschiedliche Gemüsesorten kennenzulernen.

Ausgangspunkt für ein Projekt könnte z. B. die Frage sein, wie die hygienischen Bedingungen auf diesem Markt verbessert werden können. Dazu wäre allerdings eine Analyse der gesamten Situation notwendig, also die nicht reduzierte Darstellung der vollständigen Situation.
Vom Thema zum Projekt zu kommen, ist nicht trivial, aber durchaus möglich. Helfen können die bekannten W-Fragen: Warum ist das Thema wichtig für mich, für uns? Welche Bedeutung hat das Thema in der öffentlichen Diskussion? Welche ungelösten Probleme sind damit verbunden? Was können wir zur Problemlösung beitragen? Wie könnte das Ergebnis aussehen? Wer könnte sich für unsere Lösung interessieren? Welchen Nutzen haben wir oder die Zielgruppe von unserem Ergebnis? Welche Unterrichtsfächer könnten zur Lösung beitragen?
Einfacher ist es, die Fragen und Probleme der Schüler*innen aufzugreifen. Aber die stehen eher nicht im Lehrplan. Deshalb gibt es Initiativen wie FREI DAY (https://frei-day.org), ein Projekt von „Schule im Aufbruch“ (https://schule-im-aufbruch.de), in dem Schüler*innen für selbst gewählte Herausforderungen konkrete Lösungen entwickeln und umsetzen – leider außerhalb des Fachunterrichts.